022 - Leadership mit Nils Nielsen

022 - Leadership mit Nils Nielsen

Patrick Stoll
von Patrick Stoll

Aus verschiedenen Menschen ein Team zu formen, ist schwierig. Ein Team aus starken Charakteren und Individuen zu formen, das auf den Tag X liefern soll, noch schwieriger. Vor allem, wenn man das Team nicht die ganze Zeit um sich hat. Wie der Trainer der Damenfussballnationalmannschaft der Schweiz, Nils Nielsen, Leadership versteht und genau das schafft, erzählt er in dieser Episode.

Menschen in Führungspositionen kennen die Herausforderung: Wie bringe ich Individuen mit ihren Stärken und Schwächen dazu, als Team zu funktionieren? Ist es sinnvoll, auf die stärksten IndividualistInnen zu setzen oder setze ich besser auf eine Teamspielerin, einen Teamspieler? Nils Nielsen ist seit dem 1. Dezember 2018 Trainer der schweizerischen Damenfussballnationalmannschaft. 2017 war er mit seinem Team als Nationaltrainer der Däninnen im EM-Final. Geboren ist der Däne in Grönland und jetzt bei mir zu Gast.

Leadership: Der Mensch im Fokus

Nachdem Nils zu Beginn der Episode sich und seinen Werdegang etwas genauer vorgestellt hat, erfahren wir gleich zu Beginn, wie er Leadership sieht: Obwohl er seit Jahren Profi-Trainer von Nationalmannschaften ist, kann er sich durchaus vorstellen, auch mit Amateuren oder Kindern zu arbeiten. Wichtig sei das Setting im Kopf. Man kann nicht mit allen gleich trainieren, wichtig ist ihm aber - egal auf welcher Stufe - immer der Mensch. Er will Menschen führen und mit ihnen zusammen etwas auf die Beine stellen. Ob das nun eine WM-Qualifikation ist oder der Spass an der Sache, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist einfach zu verstehen, warum die Leute dabei sind und dann entsprechend mit ihnen zu arbeiten.

Dass er nun Damenmannschaften trainiert, bezeichnet er eher als Zufall. Er hatte zwar begonnen,  Mädchenteams zu trainieren, arbeitete dann aber während mehrerer Jahre mit Jungs. 2013 fragte der dänische Verband an, ob er die Frauennationalmannschaft übernehmen wolle. Ihn reizte die Chance, als Mensch besser zu werden: Da er ja keine Frau sei und nicht wie sie denke, sah er vor allem die Möglichkeit, etwas Neues dazuzulernen.

Man kann nicht falsch fühlen

Es wäre zwar einfacher, mit Männern zu arbeiten, weil er ja selber einer sei und verstehe, wie sie "ticken". Allerdings gebe es immer etwas, wenn man mit Menschen arbeite. Vielleicht habe ihn die Erfahrungen, die er mit Damenteams gesammelt habe, auch zu einem besseren Trainer von Männerteams gemacht. Das wisse er nicht. Etwas aber hat er durch die Zusammenarbeit mit Frauen gelernt, dass universell wichtig sei: etwas Falsches fühlen sei unmöglich. Gefühle sind nie falsch, einzig eine Reaktion auf etwas. Es gelte also, so zu kommunizieren versuchen, dass die "richtigen" Gefühle entstehen. Stimme das ausgelöste Gefühl nicht mit seinen Erwartungen überein, habe er einen Fehler in der Kommunikation gemacht und versuche es noch einmal.

Grundsätzlich sieht er Fehler aber als absolut notwendig an. Wenn man keine Fehler mache und Rückschläge erfahre, bedeutet das für ihn, dass man nicht hart genug versucht hat. Wenn wir neue Wege gehen und Neues ausprobieren und es nicht gleich funktioniere, heisst das für ihn nicht, dass es tatsächlich nicht funktioniert, sondern dass man noch mehr daran arbeiten muss. Er als Coach muss das Gewünschte dann besser erklären, als Team müssen sie mehr daran arbeiten, damit alle verstehen, worum es geht und effektiv vom Gleichen reden.

Bei ihm kommt Druck kommt von innen

Wenn man so exponiert arbeitet wie als Nationaltrainer oder als Geschäftsführerin oder CEO eines börsenkotierten Unternehmens, werden Fehler rasch in den Medien thematisiert. So wird Druck aufgebaut. Für Nils kommt dieser Druck aber mehr von innen: Er weiss genau, was er will und wie er arbeitet. Und solange er jeden Morgen in den Spiegel schauen und sagen kann, dass er alles so gut gemacht hat, wie er es kann, ist für ihn die Welt in Ordnung. Die Medien könnten ja nicht wissen, was er möchte oder wie er arbeite und was in der Mannschaft ablaufe. Wenn es sie interessiere, erkläre er ihnen das gerne, aber das Wichtigste für ihn ist die eigene Gewissheit, das Beste zu geben.

Sein Druck entsteht durch seine Ambitionen für seine Mannschaft. Es sei aber auch eine Frage der Erfahrung, wie man mit Druck umgehe. Denn Druck sei auch hilfreich und zeige, dass einem eine Sache wichtig ist. Die mentale Einstellung ist wichtig. Sobald Druck Angst auslöse, werde er hinderlich. Man ist nicht eine schlechte Spielerin, wenn man nicht mit Druck umgehen könne und er einen hindere, das Beste zu geben. Dann gehe es einfach darum, zu lernen, wie man mit Druck umgehen und ihn positiv nutzen kann.

Ein gutes Team besteht aus unterschiedlichen Charakteren

Um Menschen dabei unterstützen zu können, sich mental zu entwickeln, ist es natürlich hilfreich, dass man nahe bei ihnen ist. Als Nationaltrainer, der sein Team nicht permanent um sich hat, ist dies etwas schwieriger. Bei den Zusammenzügen der Equipe gehe es zu Beginn jeweils darum, die Spielerinnen in den "Nationalmannschaftsmodus" zu bringen und seine Philosophie wieder zu oberst platzieren. Jede Spielerin kommt aus ihrem Verein, wo jeder Coach seine eigene Philosophie lebt. Hinzu kommt der jeweils individuelle Charakter der Spielerin sowie die aktuelle physische und psychische Verfassung.

Daraus in kurzer Zeit eine harmonierende Mannschaft zu formen, ist nicht ganz einfach. In vielen individuellen Gesprächen eruiert Nils die Ausgangslage jeder Spielerin, schaut, wie es ihr geht und wo er sie abholen kann. Dies ist für ihn das Spannendste an der Arbeit mit Menschen. Jedes Mal sei es anders, da es ja niemandem immer genau gleich gehe.

Für Nils gibt es drei Stereotypen von Spielerinnen: Die Teamplayer wirken wie der Motor und treiben das Team an. Die Leiterinnen geben die Struktur, sind kommunikativ stark und setzen den Spielplan auf dem Feld um. Die Individualistinnen sind wichtig, um Akzente zu setzen und die Tore zu schiessen. Die Mischung der Typen ist gleich wichtig wie die taktische Aufstellung oder technische Fähigkeiten. Diese Mischung zu finden beschäftigt ihn vor den Spielen und er entscheidet dann, wer spielt und wer nicht.

Zu viele Menschen desselben Typs auf dem Feld verhindern, dass das gesamte Potential der Mannschaft ausgenutzt werden kann. Nils sagt, dass er zwar viel von Fussball verstehe, die Expertinnen in Sachen Frauenfussball seien aber seine Spielerinnen. Seine Taktik müsse für die Spielerinnen stimmen und sie sich getrauen, zu sagen, wie sie sich fühlen.

Leadership bedeutet Kommunikation mit dem Team

Es geht also wie so oft um Kommunikation. Diese ist für Nils sowohl mit seinen Spielerinnen wichtig aber natürlich auch mit seinem ganzen Stab. Auch Ziele werden gemeinsam definiert. Natürlich gehe es bei ihnen um Qualifikationen und Endrunden. Aber es sei wichtig, zu definieren, was für eine Art Mannschaft sie sein wollen, welchen Eindruck sie hinterlassen wollen.

Umgemünzt aufs Geschäftsleben heisst das: Als Firma will man Geld verdienen. Dies ist auch nötig, um zu überleben. Wie man das macht, welche Werte gelten, wie man gegen aussen auftreten will und welche Philosophie man verfolgt, sind allerdings Fragen, die direkt das Klima in einer Firma oder hier Mannschaft beinflussen. Diese Fragen schaffen ein Umfeld, in welchem sich Menschen wohlfühlen und ihre Leistung abrufen können.

So arbeiten kann man nur, wenn man von vorne führt. Er geht voran, übernimmt die Verantwortung. Nils hat aber grosses Vertrauen in sein Team und seine Mitarbeitenden. Er steht zu 100% hinter dem Team und den Zielen, auch wenn sie ursprünglich nicht seine waren. Wenn ihn eine Idee überzeuge und er Ja dazu sagen könne, dann vertrete er diese vollumfänglich.

Sich selber zu sein eröffnet Chancen

Fehler kümmern ihn nicht. Diese müssen erkannt und korrigiert werden, damit sie nicht noch einmal passieren. Er will, dass alle ein Umfeld vorfinden, in dem sie mutig sein können, das Beste zu geben, ohne Angst vor Fehlern.

Als wir das Gespräch aufzeichnen, steht die Mannschaft vor zwei entscheidenden Spielen für die WM-Qualifikation. Spiele also, die auch für Druck sorgen. Nils sieht es so: Sie seien nicht die beste Mannschaft dieser Welt, aber die beste Schweizer Mannschaft, die es zur Zeit gebe. Und diese Mannschaft ist die einzige, die so spielen kann, wie sie es tun. Wenn Sie also ihr Spiel durchziehen, hätten sie immer die Chance, zu gewinnen. Gegen jeden Gegner.

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Patrick Stoll
Patrick Stoll
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